Freitagabend einmal anders

Was machen junge Erwachsene am Freitagabend? Party? Nein! Sie besuchen Schiller in Meiningen. Am 9.12. um 17.00 Uhr war Abfahrt des Busses, der die Theaterfreaks des KZG, Schülerinnen und Schüler der 10d und 10e sowie der Q11 und Q12, in das genau 100 Kilometer entfernte Meiningen bringen sollte. Kaum größer als Kronach besitzt der thüringische Ort etwas, was im Zentrum einer Großstadt stehen könnte: ein beeindruckendes Staatstheater. Dort wurde Friedrich Schillers Tragödie „Kabale und Liebe“, ein wichtiges Werk des Sturm und Drang, einer Epoche, die in der zehnten Jahrgangsstufe intensiv thematisiert wird, aufgeführt. Für die meisten Schülerinnen und Schüler war es die erste Begegnung mit dem Medium Theater. Nicht nur das äußerst attraktive historische Ambiente des Staatstheaters Meiningen zeigte Wirkung, sondern auch die Inszenierung der jungen Regisseurin Julia Prechsel, denn sie zog alle ins Bühnengeschehen hinein, sorgte aber auch für Verfremdung, Distanzierung oder leichte Unterhaltung. Wer dachte, bei Schillers Tragödie sei drei Stunden Mitleiden angesagt, wurde überrascht durch sehr unterhaltsame, humorvolle Aktionen, bei denen auch schon mal das Publikum einbezogen wurde. Aktualisierende Musicalelemente akzentuierten eine intensive Vorstellung, die nicht zuletzt auch durch das sich entwickelnde Bühnenbild symbolträchtig im Gedächtnis blieb. Zu heftigen Diskussionen zwischen den Schülerinnen und Schülern und ihrem Lehrer gab eine radikale Veränderung des Originals Anlass: Nur Luise fand den Tod und lag am Ende mitten im großen rosaroten Tücherkreuz auf der schräg gestellten riesigen Drehbühne. Sie wurde zum alleinigen Opfer. Die Männer, die für ihren Tod verantwortlich waren, wuschen ihre Hände in Unschuld. „Ist es [Schillers Tragödie] denn ein Stück über toxische Männlichkeit?“ (Programmheft, S. 12)? Wir werden im Unterricht noch viel darüber zu sprechen haben. Die Rückfahrt verging wie im Flug. Schon um Mitternacht waren wir wieder an unserem KZG, die Bilder aus Meiningen noch im Kopf und die Emotionen noch im Herzen.

Richard Breitenbach